Ich liebe das Verletzliche
Masako Otha, Konzertpianistin, über den Klang von Holz.
Als Pianistin hat sich Masako Ohta einen Namen gemacht für Improvisationskonzerte und Neue Musik. Auf ihrer jüngsten CD (Masako Ohta: Poetry Album) bei Winter & Winter spannt sie den Bogen von Bach über Maurice Ravel bis György Kurtág. Fragen wir die Expertin und begeisterte Waldspaziergängerin: Wie klingt eigentlich Holz?
Wie klingt eigentlich Holz? Gibt es da einen speziellen „Sound“?
Unbedingt. Holz klingt warm und elastisch. Es atmet zusammen mit uns. Bei Klanginstallationen und Performances spiele ich oft mit Stäbchen. Holzklänge sind einfach faszinierend: Stäbchen auf den Holzboden werfen ... und lauschen. Ich bin über alle Holzarten glücklich,
mit ihnen zusammen zu atmen und auf ihren Klang zu treffen. Holz lebt. Da fühle ich mich sehr zu Hause, wie im Wald. Das empfinden auch Geigenbauer, die der Seele des Holzes nachspüren. Beim Klavier ist es genauso. Jedes Klavier besitzt eine Persönlichkeit mit ganz unterschiedlichen Klängen, das ist immer wieder faszinierend.
Sind Sie oft im Wald?
Ja, ich liebe den Wald – wie meine Enkelkinder, die sind in einem Waldkindergarten.
Und sind jeden Tag im Wald.
Zurück zum Klavier? Wie klingt denn ein Klavier ...
... Das hängt immer vom Raum ab, in dem ich spiele, dem Klangraum. Das Klavier ist ein Saiteninstrument, und sein Holzrahmen ist wahnsinnig wichtig. Alte Flügel besitzen eine dünnere Haut, die klingen dann auch oft dünnhäutig. Heutzutage verwendet man stärkeres Holz, das trägt viel mehr und verleiht dem Instrument mehr „Power“, gefühlvolle Power, das liebe ich, das Verletzliche. Der Rahmen macht viel aus, beim Klavier scheint das Herz direkt mit Fingern und Saiten verbunden. Diese Verbindung ist einfach wunderbar.
Verstärkt das Klavier Ihre Gefühle?
Unbedingt!
Es kann ja flüstern und brüllen.
Beides! Es ist ein sensibles Instrument und reagiert auf kleinste Nuancen. Es fühlt regelrecht mit.
Wie kamen Sie zum Klavier? Sie sind in Japan aufgewachsen.
Gab es eine Alternative?
Meine Großmutter spielte Koto, ein japanisches Saiteninstrument, und sie hätte es gerne gesehen, wenn ich ihr nachgefolgt wäre. Ich war damals fünf, sechs Jahre alt, als ich meine ältere Cousine auf dem Klavier spielen hörte, eine Sonatine, da war es geschehen. Ich war völlig fasziniert von seinem Klang und wollte unbedingt Klavier spielen. Das hat mein Herz geöffnet.
Also kein Koto?
Nein, es sollte das Klavier sein. Meine Großmutter wurde sehr alt, 94. Und eines Tages haben wir zusammen gespielt – Klavier und Koto. Die beiden Saiteninstrumente haben durchaus Ähnlichkeiten. Und ihre Verbindung klingt spannend. Noch heute spiele ich Transkriptionen von Koto zu Klavier.
Verschiedene Seiten, das führen Sie ja Ihren Zuhörern vor: Sehr engagiert für Gegenwartsmusik. Was bedeutet es, wenn man so ein Spektrum aufmacht, von Bach bis heute?
Das ist ganz natürlich und selbstverständlich. Was für ein Glück, dass wir all diese Geschenke erfahren können, dass weiter ausprobiert wird und das Gespür für Töne immer neu entdeckt wird. Das möchte ich auf keinen Fall ausschließen.
Gespür für Töne, ein schönes Bild, genau das empfanden wir alle gerade bei Ihrem Konzert.
Vielen Dank.
Wir sagen Danke!
ÜBER DAS PROJEKT
Typ
Flügel, Steinway & Sons
Ort
München
Datum der Aufzeichnung
Juli 2018
Fotografie
© ALFA